Ursula Bachman
Die Künstlerin zu ihrem Werk:
Die Wandinstallation vereint Fotos, Fundstücke, Zeichnungen und Gipsobjekte, die die wichtigsten Elemente für die Zeit meiner Kindheit in der Mitte des letzten Jahrhunderts und den Ort Muri repräsentieren. Ein Porträt als Elfjährige mit Porträts der Grossmutter, Mutter, Tanten, eine Cousine. Die verwendeten Fotos lassen die damalige Zeit aufleben und leisten Erinnerungsarbeit.
Die Wochenend- und Ferienzeiten auf dem Bauernhof in Muri-Egg waren prägend für meine Kindheit. Prägend deshalb, weil hier die Verbundenheit mit dem bäuerlichen Dorf, dem Hof, dem Garten, den Tieren, der Landschaft und dem Wald selbstverständlich gelebt wurde.
Das Leben strukturierte sich entlang der Jahres- und Vegetationszeiten, sowie der religiösen Feste, die die speziellen Momente im Jahresverlauf ausmachten. Herausragendes, spezielles, heldenhaftes wurde weder gesucht noch gewünscht, weder auf der Seite der Frauen noch der Männer.
In diesem «Portrait» die Frauen gemeinsam und als eigenständige Persönlichkeiten zu zeigen, ist eine schöne, wie wohltuende Geste.
Sie ist aussergewöhnlich, da Männer und Frauen in der katholischen Tradition selbstverständlich neben- und miteinander lebten und arbeiteten, wenn auch in einer klaren Rollenverteilung.
- «Meine Kindheit und Jugend war geprägt von der katholischen Kirche und Arbeit und Sparsamkeit. Ausgeprägte Frauenbilder begleiteten mich nicht in dieser Zeitepoche. Politisieren in meiner Familie war bedürftig. Frauenstimmrecht weit entfernt!
Ich durfte in einem Haus mit lieben Eltern aufwachsen mit 7 Geschwistern. Viel Arbeit wartete vor und nach der Schule. Haushaltsarbeit, Feld- und Gartenarbeit. Um den Haushaltsbatzen aufzumöbeln, gab es ausserhalb unseres Hauses noch mehrere Aufgaben. Prägend fürs Freiamt war zu dieser Zeit die Strohindustrie. In der Winterzeit, wenn die Arbeit auf dem Hof ruhiger wurde, war Heimarbeit angesagt. In unserer warmen Stube waren wir manchmal bis acht Personen an der Arbeit, Rosenkranz betend, wobei die Hände viel zu tun hatten.
Wenn meine Mutter einen Tagesausflug machte, so war er religiös geprägt.»
(Zitat aus einem Brief einer Tante 2023)
Der gemeinsame Kirchenbesuch gehörte jeden Samstag oder Sonntag zum Wochenverlauf. Diese Welt war das Fenster, das über die Familie hinaus auf etwas Grösseres und Ferneres zeigte. Während der Kirchenbesuche hatte die Fantasie Zeit, sich dieser erweiterten Dimension hinzugeben, der Tragik des Jesusschen Todes nachzuspüren, die Orte Bethlehem, Jerusalem, die Via Dolorosa, Golgotha, vorzustellen und dabei selbst womöglich mal als barmherzige Person dienen zu können.
In diesem Zusammenleben blieben die unabhängigen Kinderspiele die Höhepunkte. Und im Winter war der warme Ofen das Zentrum für Kinderträumereien, währenddessen die Erwachsenen plauderten und austauschten.
Photocredits:
Schwarze Madonna von Einsiedeln: Ursula Bachman
Sr. Denisia, Profess: Pfarrer Severin Meier
Pia Winiger: Fotograf unbekannt
Josefine Winiger-Bütler: Jos. Stenz-Lüönd, Muri
Elisabeth Winiger, St. Louis, 30. September 1959: Fotograf unbekannt
Maria Winiger, Diplomkurs Herbst 1962: Fotograf unbekannt
Ursula Bachman: Casimir Bachmann
Marianne Perrez: Casimir Bachmann
Kaninchen: Ursula Bachman
Videointerview mit Ursula Bachman
(Viviane Barbieri für Murikultur, 2024)