Sadhyo Niederberger

Sadhyo Niederberger, Geburt der Venus, 2024

Die Geburt der Venus, 2024
Spiegeldose aus Chromstahl mit Gravur und Fotografie, Schaumstoff, Spiegel, MDF, ca. 25 x 30 x 20 cm

Die Künstlerin über ihr Werk:

Die Auseinandersetzung mit der Venus-Thematik führt zu Identitätsfragen. Wer bin ich heute, wie definiere ich mich als Frau, welche Stationen waren wichtige Momente der Auseinandersetzung mit Sexualität und Weiblichkeit, und wie hat mich die Kunst in diesem Prozess begleitet?

Als Neun- oder Zehnjährige posiere ich aufmüpfig als Venus auf einem konventionellen Familienfoto, mit zwölf Jahren entkam ich der Enge des Dorfes durch den Schulwechsel nach Muri. Es war ein Schritt in Richtung Selbständigkeit und Selbstbestimmung. In der Mittelschule besuchten wir die Uffizien in Florenz. «Die Geburt der Venus» von Sandro Botticelli rührte mich zu Tränen, denn so etwas Schönes hatte ich noch nie gesehen.

Für die Miniatur «Die Geburt der Venus» gehe ich von diesen Erinnerungen aus. Der Titel und die wie eine Muschel aufklappbare Spiegeldose beziehen sich auf Botticellis Venus, und wer will, sieht im Schaumstoff der Konsole ein Augenzwinkern zur «Schaumgeborenen». Das Bild von mir als Mädchen enthüllt die Sehnsüchte, die im Körper, in der Pose angelegt sind.

Das Foto ist für die Betrachtenden im Spiegel mehrfach sichtbar, vervielfältigt durch die Spiegeldose und die Spiegelkonsole. Das Schauen in die Öffnung spricht vom Verborgenen und dem Zugang zu Erotik, der Spiegel von Bild, Abbild und Täuschung. Der Blick ins Innere der Schatulle wirft Fragen zu Intimität und Öffentlichkeit auf.

Die Divergenz zwischen der Ankündigung der Geburt der Venus und dem Bild von mir als Mädchen ist offensichtlich und führt zurück zu Fragen zu Weiblichkeit, Selbstbestimmung und Erotik.

Sandro Botticelli, Die Geburt der Venus, 1483-85

Niederberger Familienbild ca.1971


Sadhyo Niederberger, geb. 1962, lebt in Aarau.

Weitere Informationen siehe www.sadhyo.ch